zur Eingangsseite

Biografisches

Werke
und Texte

Rezensionen

Sekundärliteratur

P.E.N.-Ausschluss

Das Kleine Blatt

Zur Poetik
anderer Autoren

Impressum


  Nachruf
von Ursula Vogt:
 

Am Mittwoch, den 16. Juli 2003 starb unser Genosse, der Schriftsteller Erich Köhler.

Sitemap

 

 

Stichwortsuche:


powered by FreeFind

 

Banner
Zur Biografie
Erich Köhlers
Erich Köhler ca. 1990

Lebensdaten

zusammengestellt von
Petra Köhler

Inhalt

Nachruf
Das Kleine Blatt
Nr.18 Juli/August 2003
  "Zueignung"
von der Internet-Seite
"Literatur Konträr"
  biografische Fundstücke

Newsletter

gibt es hier nicht zu bestellen. Aber wenn Sie ein Abonnement der nichtkommerziellen Kleinzeitung  »novum« interessiert, schicken wir
diese gerne zu.

 

 

Die Teufelsmühle - 1958

Buchhülle Schatzsucher

 

beachten Sie auch:
 
Der Standhafte
Annäherung an einen Autor mit Hilfe seiner Romanfigur
von Gabriele Lindner (2005)

 

Sture und das deutsche Herz

 

 

Rufmord an
Erich Köhler

Beurteilung des Weskottschen "Forschungs"- Berichts

 

Erich Köhler -
Landarbeiter und Schriftsteller

Erich Köhler 1957

abgedruckt in "Schweriner Volkszeitung" Nr. 302     30. Dezember 1957

von Hans-Jürgen Steinmann

Eines Tages kam er zu uns, zur Arbeits­gemeinschaft junger Au­toren. Ein junger, dunkelhaariger Mann stand vor uns, mittelgroß, mit aus­ge­wogenen, ruhigen Bewegungen. Er war sehr still, als wir das erste Mal mit ihm zusammensaßen, hielt den Kopf ein wenig geneigt und zwi­schen die Schultern gezogen, und man wußte nicht recht, ob er dem zuhörte, was in unseren Diskussionen gesprochen wurde, oder ob er seinen eigenen Gedanken nachging. Dann je­doch hob er den Kopf, und er begann zu sprechen. Er sprach stockend, und der Tonfall seiner Stimme verriet so­fort, daß er kein Mecklenburger war. Er sagte nicht viel. Aber das, was er sagte, hatte Hand und Fuß; man hörte daraus, wie sorgsam er einen Gedanken durchdacht hatte, ehe er ihn aussprach.

Heute kennen wir ihn längst. Wir kennen sein helles, jungenhaftes La­chen, dessen Wirkung einfach die ist, daß man mitlachen muß; wir kennen seine ruhige, überlegte Art zu spre­chen, und wir kennen seine Art zu schreiben: sauber in der Sprache, bildhaft im Ausdruck, ehrlich und warm in allem, was er gestaltet.


» Anmerkung der Redaktion: Wir be­ginnen morgen mit dem Abdruck der Erzählung "Das Pferd und sein Herr" und würden uns freuen, wenn unsere Leser uns ihre Meinung zu dem "Erstling" des Autors mitteilen würden.« "Schweriner Volkszeitung"    30. Dezember 1957


Das also ist Erich Köhler, Landar­beiter im ÖLB Marnitz, Kreis Par­chim. Er hat ein Büchlein geschrie­ben, "Das Pferd und sein Herr", und hat den Fritz-Reuter-Kunstpreis des Bezirks Schwerin dafür erhalten. Eine zweite Erzählung, "Die Teufels­mühle", wird bald erscheinen, und jetzt arbeitet er an einem Roman mit dem Arbeitstitel "Korn". Das ist eine Geschichte aus seinem und aus unser aller Leben, so wie all das, was er bisher geschrieben hat, aus unserem gemeinsamen Leben her­vorgegangen ist, aus seinen bitteren und aus seinen guten Stunden, aus Stunden, die wir alle durchlebt haben, die in ihm jedoch den Wunsch weck­ten, Geschehenes festzuhalten, es weiterklingen zu lassen, daß wir es nicht vergessen und daraus lernen.

Neunundzwanzig Jahre wird Erich Köhler in diesen Tagen. Sein Le­ben bis heute war nicht einfach und nicht alltäglich; für ihn jedoch mag es wie eine Leiter gewesen sein, die er Sprosse für Sprosse emporgeklom­men ist. Er stammt aus Karlsbad in der Tschechoslowakei; sein Vater war Porzellanschleifer, ein Arbeiter, ein Kommunist. Die Faschisten warfen ihn ins Zuchthaus -"wegen verbote­ner, kommunistischer Umtriebe".... Seine Gesundheit konnten sie so zer­stören, seinen Mut nicht. Sie versuch­ten, den Sohn dem Vater zu entfrem­den, ihn mit ihren lügnerischen Phrasen zu vergiften. Aber konnten sie den jungen Erich Köhler auch zu­weilen schwankend machen; das Gute, das Vater und Mutter in ihn gepflanzt hatten, brach sich Bahn.

Nicht kampflos freilich! Erich Köh­lers bisherige Lebensstraße ist nicht so glatt, sie ist verschlungen, wie die vieler anderer junger Menschen im Nachkriegsdeutschland.

Er arbeitete in den verschiedensten Berufen, im Sägewerk, als Land­arbeiter und ging 1950 in den Uran­erzbergbau nach Aue, wo er von der FDJ die Medaille für ausgezeich­nete Leistungen im Fünfjahrplan erhielt.

Heute lebt er in Marnitz in einem kleinen Neubauernhäuschen, und wenn man ihn besucht, dann wird man von dem kleinen Töchter­ehen begrüßt, dessen Augen genauso schwarz sind wie die des Vaters.
Seine junge, blonde Frau war Arbei­terin in einer Textilfabrik. Sie ist Mitglied der Partei wie ihr Mann.

Im Sommer habe ich ihn einmal besucht. Er sollte eigentlich zu Hause sein, um zu schreiben. Unser Staat gab ihm eine Beihilfe, damit er einige Tage in der Woche bei seiner literarischen Arbeit bleiben kann. Gute Bücher sind uns so nötig wie das Korn, das er und seine Arbeits­kollegen auf den Feldern um Marnitz säen und ernten. - Ich traf Erich Köhler nicht zu Hause, sondern hin Betrieb. Er kam mir entgegen, die Kleidung bestäubt, die Hände gelb von einem Pflanzenschutzmittel, das er auf die Felder fuhr.
"Ich dachte, du bist daheim", sagte ich.
Er lachte verlegen. "Ich habe die Arbeit begonnen und führe sie zu Ende. Das ist doch selbstverständ­lich."

Das eben ist es, was ihn so liebens­wert macht: Seine Einfachheit, seine Bescheidenheit und seine Kamerad­schaftlichkeit. Er ist ein junger Mensch unserer Zeit, ein Arbeiter­kind, dem der Staat der Arbeiter und Bauern den Weg zu Großem freige­macht hat. Und er selbst hat geholfen und hilft, die Steine auf diesem Weg, den wir alle gehen, beiseite zu räumen. Er ist Kommunist wie sein Vater, und er geht die Straße, die sein Vater einst gegangen ist.

Wenn wir uns nach des Tages Ar­beit bei einem guten Buch entspan­nen, dann sitzt er an seinem Schreib­tisch und schreibt für uns, ein Arbei­ter, unser Genosse, ein fleißiger, be­gabter Schriftsteller, auf den wir stolz sein können.


zurück zur Seite "Werke und Texte"