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Neuerscheinung
Bucheinband der Neuerscheinung: Sture und das deutsche Herz

Sture und das deutsche Herz
-ein Troll-Roman
Verlag KULTURMASCHINEN Berlin 2009


Mitten in der Abwicklung der DDR erschien dieser fulminante Roman und wurde kaum wahrgenommen. Dabei hätte er es mehr als verdient, denn der Kommunist Erich Köhler unternimmt eine grimmige, erstaunlich klarsichtige Heerschau von Geistesgeschichte und Geschichte Deutschlands seit den 20er Jahren. Er läßt seinen Protagonisten Sture die Zeitläufe als von außen Kommenden miterleben und kommentieren. Nach Krieg und Faschismus landet Sture in der DDR und gehört dort zur den radikalen Vorprellern, die sich manche Beule am Hut holen. Zum Schluß finden wir Sture auf der Mauerkrone mitten in Berlin wieder, und das stand schon im Frühjahr 1989 so im Manuskript. [Literatur - DDR BELLETRISTIK]

 
 
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Rezensionen zu
Erich Köhlers Werken
Erich Köhler ca. 1990

Hier finden Sie neuere Beiträge zum Anliegen
Erich Köhlers:
Materialien zur Untersuchung, wie sich Bewusstsein herausbildet

 

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Literarisches Portrait
von Gabriele Lindner

»Eine notwendig offene Bilanz. Sie entspricht Köhlers Begriff von Realismus als einer Qualität seines Umganges mit Wirklichkeit überhaupt: mit dem tätigen Leben verbunden sein und in der Kunst ihm vorauseilen, wissend phantasieren, alle Themen und Mittel gebrauchen, „wenn sie nur den einen Zweck deutlich erfüllen: Aus dem stetigen Widerspruch zwi­schen dem Materiellen und dem Ideellen neue progressive Impulse zu gewinnen.«

Literarisches Portrait

 

Dokumente zu Erich Köhlers Ausschluss aus dem PEN Deutschland

 

Beurteilung des Weskottschen "Forschungs"- Berichts

Rufmord an
Erich Köhler
(Frühj. 2005)

Abschlussbericht des Ehrenrates

(2. April 2002)

"Gering- verursachte Schutzred"

(Dez. 1993)

"Wortmeldung"

(April 1998)

zweite Stellungnahme

(Mai 2001)

dritte Stellungnahme

(April 2002)

vierte Stellungnahme

(April 2003)

 

Sture-Buch-Einband

Annäherung an einen Autor
mit Hilfe seiner Romanfigur  von Gabriele Lindner (Dezember 2005):

»Der Standhafte«

 

»Sture«-Rezension von Jürgen Verdofsky (06.11.1991):

»Mythos, Utopie und Rapsode«

 

Kommunistische Arbeiter-Zeitung Nr.215 (Februar 1991):

Das Trollbuch - eine Rezension

 
Hinter den Bergen-Buch-Einband

Karin Hirdina (1978):

»Zukunft heißt Kommunismus«

 

Eva Kaufmann (1978):

»Alt-Zauche liegt nicht hinter den Bergen«

 

Hinnerk Einhorns Rezension von »Blasmagorien« abgedruckt in:  
 

Erich Köhlers Blasmagorien

Erich Köhler stürzt seine Leser in ein Wechselbad der Gefühle und Gedanken

Der Philosoph im Streusandkasten

BlasMaGorien? Eine Köhlersche Sprachschöpfung aus Blasphemie, Magie und Allegorie. Die 128-Seiten-Broschur birgt 32 Texte, die mit so harmlosen Titeln wie »Schmetterlinge«, »Berggeister«, »Sommer« daherkommen oder seltsamen Ankündigungen wie »Eulemia«, »Das Weidenwil«, »Scholarien«, »Virtualien« oder »Entelechie«. Köhler galt, daran sollte man erinnern, als ein Geheimtip moderner DDR-Literatur. Durch des Rotbuch Verlags Schützenhilfe zwang er eines seiner wesentlichen Bücher auf den »Markt«: nämlich 1976 die bereits 1970 entstandene Erzählung »Der Krott«, eine Produktionsreportage, die ob ihrer philosophischen Tiefe und ästhetischen Vielschichtigkeit den Auftraggebern, die simple Beschreibung eines Bitterfelder Weges erwartet hatten, im Magen lag. Andere Werke des Autors zu befördern, sollte vergleichbar schwierig sein, seine »Reise um die Erde in 80 Tagen« (1979), seine »Kiplag-Geschichten« (1981), zu denen in »Blasmagorien« zwei neue hinzugekommen sind.

Köhlers bedeutender Roman »Sture und das deutsche Herz« (Hinstorff 1990), eine »grimmige Heerschau von Geistesgeschichte«, erregte nur geringes Interesse, unverdientes Schicksal vieler guter Literatur in Zeiten der sogenannten Wende.

Wer dachte, Erich Köhler habe seither geschwiegen, resigniert oder eingeschüchtert, der täuscht sich. Seit 1991 bemühte sich Köhler, neue Freiheiten nutzend, eine Serie von »Miniaturen« zu veröffentlichen. »Essay-Geschichten«, wie er die tradierte Formen sprengenden Texte nennt, die, in kleinen Heftchen allmonatlich an den Kiosken erscheinen sollten. Köhler dachte da an die Abenteuer-Serie der »Rolf Torring«-Heftchen, an die sich auch Günter de Bruyn in seiner Autobiografie »Zwischenbilanz« gern erinnert. Die »Neue Linke« hatte in den Endsechzigern/Siebzigern zu einer »Alphabetisierung« geblasen. Enzensberger wünschte sich eine Demokratisierung der Medien, eine neue Verfügbarkeit gegen die Manipulation der Manipulatoren. In diesem Sinne wollte Köhler der Verdummung durch TV und Illustriertenwelt ebenso wie der splendid isolation der Literaturszene ein Medium entgegensetzen, das anspruchsvoll und erschwinglich sein sollte. Es sollte außerdem anderen Autoren offen sein, dazu sprach er Einladungen aus. Auch hierbei, nun frei von ideologischer Zensur, doppelt frei auf dem Markt sozusagen, erfuhr Köhler nur hinhaltende Zusagen. Eine preisgekrönte Neuverlegerin sitzt noch heute auf seinem Manuskript. Auch der Versuch, die Texte in einem Sammelband herauszubringen, scheiterte. Endlich, 1995, ein Kontakt zu Spotless. Der Verlag linker Literatur begriff, welch Kostbarkeit ihm da in die Hände kam, und stattete die »Essaygeschichten« mit einer Grafik von Ines Arnemann (die bereits am Heftchen-Plan beteiligt war) als Jubilaums-Band seines fünfjährigen Bestehens aus. Das Westentaschenformat, erschwinglicher als eine Kinokarte, kommt, meine ich, dem ursprünglichen Plan Köhlers nahe.

Der grübelnde Epiker hat mit seinen »Miniaturen« eine neue ästhetische Qualität errungen, selten vorher schrieb er so souverän formbewußt, »locker«, sinnlich, eine Vielfalt ästhetischer Genres meisternd. Wer will, kann an Poe und Platonow erinnert sein, ein Philosoph an Kant oder Bloch, doch Vergleiche erfassen nicht den Lesegenuß, wie ihn Köhlers Sprachbeherrschung, Assoziationsreichtum, Ironie, Sarkasmus, philosophische Aquilibristik bieten.

Ein Wechselbad der Gefühle und Gedanken: »Mareike« aus der gleichnamigen Geschichte ist eine Schwester der Stummen Kathrin und der Kassandra. »Das Weidenwil« handelt von einem Professor des Wissenschaftlichen Sozialismus, einem modernen Diogenes, der, beharrend auf seiner Sendung, im Sandkasten verreckt. In »Virtualien« trifft man die Universalphilosophen am Kneipentisch im »Roten Ochsen«. »Entelechie« zeigt den »Weltgeist« in seiner innersten Befindlichkeit, nämlich beim Scheißen. Linda Marsina aus »Altlasten« ist eine moderne Rhapsodin, die, »abgewickelt«, mit ihrer Kunst gegen den Markt anschreit. In »Bericht zur Güte« veräußert eine »abgewickelte« Mutter ihre Organe zugunsten der Kinder. Den Band beschließt die Essay-Geschichte »Hupf«: »Am Ende kam es noch dahin, daß jeder insgeheim über jeden Bescheid wußte, und alle einander verquer anschielten«. Ich denke angesichts einer aktuellen Diskussion, wir sollten unsere Talente wieder dem widmen, was den Sinn der Literatur ausmacht, in den »Kämpfen unserer Zeit« für die Würde des Einzelnen und einen Planeten einzustehen, auf dem es sich möglicherweise noch sinnvoll leben läßt.

Erich Köhler: Blasmagorien. Spotless-Verlag. 128 S., brosch., 9.90 DM.

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KAZ

abgedruckt in Kommunistische Arbeiterzeitung KAZ NR.215 (Febr.1991)

Das Trollbuch - eine Rezension

Im Dörfchen Almskulle in Schweden kommt ein Kind zur Welt. Der Pastor Läskevatten entdeckt in ihm einen Troll. "Alle paar Generationen kommt einer herauf, hat Augen wie ein Satan, ist nicht nach Schweden Art, wird niemals Bauer, bleibt nicht lange im Lande. Diese Bälger werden Spielleute, Gaukler, Scharlatane, Galgenvögel. Sie verkommen in der Welt." Das Kind muß weg. Bei den Trollsteinen wird es ausgesetzt.

Da liegt der Wurm und erlebt in seiner Not alle seine vergangenen sieben Leben noch einmal: Ist Sänftenträger im Paris der bürgerlichen Revolution, Hofnarr des Rudolf II. von Habsburg; lehrt als Hexenmeister gelangweilte Studiosi; erlebt den Untergang der Gralsritter mit; als rauflustiger Normannenkrieger legt er sich mit Chlodowech an; als eunuchischer Sklave landet er als letztes Überbleibsel des Römerheeres bei den Barbaren; zuletzt quält er sich ab als Geistermann des Stammes der Älvgauten. - Der Vater hält das Schreien und Flehen der Mutter nicht aus, holt das Kind bei den Trollsteinen weg.

Sture wird erwachsen, wird Bergmann, verläßt seine Heimat und gerät in die deutsche Übergangsrepublik der 20er Jahre. Im Kopf hat er ein altes, mysteriöses Gedicht aus den Niederlanden, in der Hand einen bemalten Bierfilz, seine Polit-Oblade. Er erlebt , Arbeiterversammlungen und Sitzungen von Geheimzirkeln, ist für die Sozialdemokraten Wettläufer im Rennen gegen Nazis und Kommunisten. Er wird von den Nazis gequält und landet als schwedischer Verbindungsmann in ihren Reihen. Er besucht Thälmann im Gefängnis. Sucht mit seinem Pferd Karl und dem Philosophen Sophistes nach Wissen. Landet in Madrid und in Jerusalem, in einem russischen Gefangenenlager. Erlebt Auschwitz. Und schließlich Berlin, wo er mit gebrochenen Rippen und blutendem Kinn oben auf der Mauer landet. ...

"Makabres also ist geschehen, lieber Leser, und wird noch mehr vorkommen. Denn dies ist ein Trollbuch und nach herkömmlichen Empfindlichkeiten nicht zu richten. Und dem Helden, einem Wechselbalg, wie zu erinnern, schlägt alles, was er uns Menschen Gutes antun will, ins Dämonische oder Silenische um, was dasselbe ist."

Man muß mit Sture durchs Leben geistern, das der Autor Erich Köhler so sehr zu lieben scheint wie die Wesen, die oft hilflos, die Zusammenhänge nicht sehend da durchtappen. Und doch ihre Zukunft, ihre Mission haben. Wie die Germanen beispielsweise, bei denen Sture landet... Er hockt auf seinem Wagen und brabbelt seine Lebensgeschichte und seine Weissagungen vor sich hin, umringt von sich wundernden Barbaren. Grantelt der Eunuch, der Wein in Strömen und erlesene Speisen genossen hat, der teilnahm an den Diskussionszirkeln der Gelehrtesten:

"Und nun das hier, diese unentwegt Bucheckern knispelnden, Holzäpfel schnurpsenden, halbgare Knochen abknaupelnden Barbaren, die nur eine knappe Handvoll Ideale kennen: Vieh haben, Waffen haben, Söhne haben, irgend jemandem eins in die Fresse hauen, den Vater, Bruder, Schwestersohn rächen, selber einmal gerächt werden. Und doch! Das murmelnde Subjekt ballt seine großen Hände zu unförmig teigigen Fäusten. Ich wünschte, daß ihr jene Welt, von der ihr hier nur den Leichengeruch kennt, samt allen ihren schreibenden, dichtenden, ästhetisierenden Schweinchen aus Epikurs großer Herde, wie sie sich selber nennen, die sich das Verbrechen zuschulden kommen lassen, Staatsmänner zu Göttern hochzustilisieren, samt ihrem Luxus und ihrer Heuchelei in Grund und Boden stampfen könntet, wenn dabei nur die Sklaverei mit zugrunde geht."

Man möchte ihn treten, diesen Wechselbalg, wie er da Gutes will und dann mit seinen orakelhaften Sprüchen immer wieder auf der falschen Seite landet. Aber er gibt nicht auf. Immer weiter, mit seinem Politschema auf einen Bierdeckel gemalt, in dessen Zentrum er das "Kleinvolk" vermutet, "die Landsleute, um die es geht, die glücklich zu machende Mehrheit dieses Volkes".

Einsteins Formel (E = mc²), die ihn schon wie einen Schlag getroffen hat, bevor er sein Bierdeckelschema entworfen hat, verdichtet sich ihm schließlich zur Ergänzung + WER WEN. "Wer ist wer? Da ist das eine gleiche Wort des anderen Widersacher. Weißt du, Mann auf der Straße, wer dein Widersacher ist? Weißt du es aber, so unterscheide dich bewußt als sein genaues Gegenteil. Ist er ein Bilm, so sei ein Heinz. Denn kriechst du bei ihm unter, lösest du die Formel nicht. Er macht dich zum Automaten, der nur funktioniert, wenn in den Trichter Silberlinge eingegeben werden. Mache du dich zum Menschen, spucke ihm seine gepunzten Prägestücke ins Gesicht. Er haut dir nach getaner Arbeit ja doch auf den Scheitel, und stößt dich in die Seiten, um durch Erschütterung die eingegebenen Münzen wieder loszurütteln." Und mitten in einer Demonstration, er mit dem Megaphon am Mund, weiß er, was er den Menschen zu sagen hat: Was wahre menschliche Arbeit ist...

"unbezahlte Arbeit zum Nutzen der Gesellschaft", Arbeit, "nicht nach mechanistischen Motiven, sondern nach Vernunft und Würde", wozu die allgemeinen Voraussetzungen zu schaffen sind. Wann das sein soll? Erich Köhlers Sture sagt es uns: "Die Dimension der Utopie ist nicht die Ferne, sie ist das Hier und Heute allzumal ... ".

Das Buch ist keine Schonkost, es verlangt viel vom Leser, verlangt, daß man sich einstellt auf eine Sprache, die verkürzt und in die Länge zieht, mit Wörtern experimentiert und neue erfindet; es verlangt, daß man sein Geschichtswissen parathält und seine Meinung wetzt an der Art und Weise, wie der Troll Sture da durchfegt. Aber es packt einen, man will wissen, was er denn jetzt wieder treibt, wo er denn jetzt wieder landet, was ihm denn jetzt wieder passiert.

Ursula Vogt

Erich Köhler: Sture und das deutsche Herz.
Verlag Hinstorff, 1990. 480 Seiten, Leinen, DM 34,-.
ISBN 3-356-00352-6

"Sture und das deutsche Herz" ist zu beziehen über die
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Bucheinband der Neuerscheinung: Sture und das deutsche Herz

Sture und das deutsche Herz
-ein Troll-Roman
Verlag KULTURMASCHINEN Berlin 2009