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Neuerscheinung
Bucheinband der Neuerscheinung: Sture und das deutsche Herz

Sture und das deutsche Herz
-ein Troll-Roman
Verlag KULTURMASCHINEN Berlin 2009


Erich Köhler in der 3.Stellungnahme an das PEN-Zentrum Deutschland:

"Seiner Auftragserledigung fügt WESKOTT ein paar lexikalische Werksdaten aus meinem Schaffen bei. Er hätte anstandshalber den Roman "Sture und das deutsche Herz" hervorheben
m ü s s e n. Ich habe ihm nämlich die gesamte Auflage (Stückpreis 29 DM.) vertrauensvoll geschenkt. Daß dieses Buch unter bundesdeutsch-freiheitlichen Zuständen sowieso auf einer Müllkippe verscharrt worden wäre, das wirft auf die gegenwärtige Ethik ein besonders trübes Licht. Christförmigkeit hat in der Inquisition traurige Wurzeln."

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Erich Köhler
»Sture und das deutsche Herz«
Erich Köhler ca. 1990

Hier finden Sie neuere Beiträge zum Anliegen
Erich Köhlers:
Materialien zur Untersuchung, wie sich Bewusstsein herausbildet

 

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Hinweis
von Hinnerk Einhorn:

Köhlers bedeutender Roman »Sture und das
deutsche Herz«
(Hinstorff 1990), eine »grimmige
Heerschau von Geistesgeschichte«, erregte nur geringes Interesse, unverdientes Schicksal vieler guter Literatur in Zeiten der sogenannten Wende.
den Text finden Sie »hier«

Leseprobe aus "Sture und das deutsche Herz"


Dokumente zu Erich Köhlers Ausschluss aus dem PEN Deutschland

Beurteilung des Weskottschen "Forschungs"- Berichts

Rufmord an
Erich Köhler
(Frühj. 2005)

Abschlussbericht des Ehrenrates

(2. April 2002)

"Gering- verursachte Schutzred"

(Dez. 1993)

"Wortmeldung"

Datum fehlt noch

zweite Stellungnahme

(Mai 2001)

dritten Stellungnahme

(April 2002)

vierte Stellungnahme

(April 2003)

Erklärung gegen den Ausschluss

(Sept. 2002)

Antrag auf Wiederaufnahme in den deutschen P.E.N

(Mai 2003)

Brief der Witwe Erich Köhlers an den Präsidenten des deutschen P.E.N.

(Okt. 2003)

Sture-Buch-Einband

»Der Standhafte«

von Gabriele Lindner    (Dezember 2005)
Annäherung an einen Autor mit Hilfe seiner Romanfigur 


 

»Mythos, Utopie und Rapsode«

»Sture«-Rezension von Jürgen Verdofsky (1991)

Zur Geschichte des Romans schreibt sein Autor in
»CREDO oder ›Wie gleiches Streben Held und Dichter bindet‹«

»Rapport«

Seit Abschluß der Vereinbarung
(zwischen dem Schriftsteller, Herrn Erich Köhler, und dem VEG Tierproduktion Radensdorf, Kreis Lübben)
habe ich
1. den ersten Teil der Romantrilogie "Trollbuch" vorgelegt, im VEG gelesen und mit Brigademitgliedern, Lehrern aus der Patenschule, einem Lektor vom Hinstorff Verlag und Kollegen aus dem Schriftstellerverband, Bezirk Cottbus, diskutiert (...)

3. Da die Arbeit am Hauptwerk studienhalber nicht vorankam, so erfaßte mich eine Art Mißerfolgspanik. Ich hatte den Ergeiz, meine materielle Bilanz im VEG positiv zu gestalten. (...)

4. Um zur Frage Krieg und Frieden nicht stumm zu bleiben, fertigte ich aus einem Kapitel im Trollbuch: "Der Friedenskaiser" einen dramatischen Text an. Da sich kein Theater für dieses Stück engagierte, machte ich aus dem Schau- ein Hörspiel, das derzeit unter dem Titel "Sternstunde" bei Radio DDR produziert wird. (...)

6. Nicht zuletzt habe ich für das Trollbuch umfangreich Studien getrieben. (...)

(Der Text "Rapport" ist wohl aus dem Jahre 1985)

im Kapitel "Epilog" (in CREDO) berichtet er:

Der Roman "Sture und das deutsche Herz" erschien im März 1990. Die Buchpremiere fand im hallend leeren Versammlungsraume statt. Es war die letzte Kulturveranstaltung im VEG. Draußen zwischen den Boxen trieben sich westdeutsche Viehaufkäufer herum. (..) Politisch wie ökonomisch ging es nicht um die Erhaltung, sondern um die Vernichtung eines sozialistischen Großbetriebes.

Buchklappen-Text

Das geht schon Jahrhunderte so, oder auch ein Jahrtausend; „alle paar Generationen kommt einer herauf, hat Augen wie ein Satan, ist nicht nach Schweden Art, wird niemals Bauer, bleibt nicht lange im Lande. Diese Bälger werden Spielleute, Gaukler, Scharlatane, Galgenvögel. Sie ver­kommen in der Welt". Der aus der Art geschlagene Visionär aus Almskulle durchlebt alle seine zurückliegenden Leben, sieben an der Zahl, ehe er nach Verschwinden des Pastors Läskevatten nach Kiruna verbannt wird, in den hohen Norden. Von dort flieht der Bauernsohn und Bergmann in die deutsche Übergangsrepublik der 20er Jahre. Er beobachtet den Wettlauf der Parteien, führt, oft rätselhaft, das Wort auf Geheimsitzungen und bei Seancen, beschwört Schadgeister, Gelichter, Gelumpe aus einer alten nieder­ländischen Schrift.

Sture verläßt das Reich der tausend Haftanstalten; als Türsteher hört er eine Stah3 in ihren Trümmern singen, Madrid. Seiner Politoblate, einem bemalten Bierfilz, wie einem Kompaß folgend, seinem Zossen Karl vertrauend, begibt sich der Schwede, geblendet, auf eine Zeitreise in die Vergangenheit.

Salzsee links, Sandmeer rechts, wüste Wohnstätten hinter, verwüstende Heere vor sich, reitet die abgerissene Gestalt prophetengleich in Jerusalem ein; Sture zieht es zum Dreikönigstreffen nach Teheran, in einem russischen Ge­fangenenlager predigt er sich vor die Fäuste gefangener Landser. So taumelt Sture von einer Schmach in die andere. Sprengtechniker, Bremswerker schließ­lich in der neuen halben Republik, bleibt der mit Not Überlebende doch immer der radikale Vorpreller Sture. Meistens auf der falschen Seite, wird er selbst Opfer eigener verderblicher Fingerzeige und Orakelsprüche. Ganz zum Schluß schwebt Sture, der fliegen lernen wollte, wirklich. Er landet auf der Mauerkrone, in unmittelbarer Gegen­wart. (Und dies, wohlgemerkt, stand '89 schon im Frühjahr so im Manuskript.) In Erich Köhlers grimmiger, erstaun­lich klarsichtiger Heerschau von Geistes­geschichte, Geschichte und Geschich­ten wird auf eigenwillige Art alles Bild, Dichtung, Deutung, zur Sprache ge­bracht, Sprache.

Mythos, Utopie und Rapsode

"Sture"-Rezension von Jürgen Verdofsky
   abgedruckt in der "Frankfurter Rundschau" vom 6.11.1991

 

Erich Köhler steht nicht immer mit beiden Beinen auf dem Boden. Als phan­tastischer Erzähler kann er sich das lei­sten. Unvergleichlich aber ist er als enzy­klopädischer Grübler. Seine Bildung ist autodidaktisch, also gründlich. In der Wahrnehmung kennt er die Pedanterie eines Forschers. Seine Phantasie verhält sich zum Gedanken osmotisch, das heißt, sie wird ihm schon mal geopfert, um im nächsten Moment das schwer Denkba­re wieder chimärenhaft zu provozieren. Und er weiß, warum: "Ein Dichter ist ein Mensch, der in der Praxis an seiner Phantasie scheitert.. "

Nun versteht sich "Praxis" für Köhler in der DDR des Bitterfelder Weges auch als gesellschaftlicher Begriff, und der Autor hat sich als früherer Bergmann (Wismut) und Landarbeiter gegen das Idealbild vom "schreibenden Arbeiter" zu wehren. Konsequent entzieht er sich je­der Milieu-Erwartung. Der Bitterfelder Mummenschanz ist noch in vollem Gan­ge, als Köhler im Tagebuch notiert: "Ich bin vom Dichten zum Denken übergegan­gen." Und das tut er gründlich im Ange­sicht eines verwunschenen Stoffberges. Solange er schreibt, kommt er immer wieder auf das Scheitern der Utopie von einer gerechten Gesellschaft der Freien und Gleichen zurück.

Benjamin sagt: "Der Grübler, dessen Blick, aufgeschreckt, auf das Bruchstück in seiner Hand fällt, wird zum Allegori­ker." Blickt Köhler auf die Bruchstücke seines Gegenentwurfs zum real existie­renden Sozialismus, weiß er, es ändern sich allein die Mittei der Vergleichung, die Kategorien unseres Begreifens weni­ger. Als Autor erprobt er die Mittel. Das führt ihn vom Schauerdrama, "Der Geist von Cranitz", über abenteuerlich flutende Bilder, "Reise um die Ende in acht Tagen", zu grotesk-phantastischen Geschichten, "Krott" und "Kiplag" (früher Rotbuch, heuer Hinstorff). Mit seinem Essay "Nichts gegen Homer" bringt er 1986 die in Ost-Berlin niedergelassenen Altphilolo­gen gegen sich auf. Seitdem wissen wir, Köhler holt sich Vorrat für sein Denken mit Vorliebe bei den großen Alten. Aber er geht noch weiter, kommt zum Mythos, den er als ein Nachdenken über das Sein versteht. Es wird ihm undenkbar, sich im Mythos zu bewegen, ohne ihn in Gegen­wart zu verwandeln.

In seinem neuen 450-Seiten-Werk "Sture und das deutsche Herz" sind wir mitgeris­sen von der völligen Unbekümmertheit des Verfahrens. Ein nordischer Troll führt uns über die Königsebenen und durch die Katastrophen unseres Jahr­hunderts. Bevor aber dieser Sture Thorson als Disputant der europäischen Zeit­größen beginnen darf, lernen wir seine sieben Vorleben kennen. Prolet in Paris des Revolutionsjahres 1848, Barbarossa für rebellierende Bauern und kürende Fürsten, mit Geisterwissen promovieren­der Scholar, eifernder Seelsorger am Gral der Parzival-Runde, Schlagetot unter Salier-König Chlodowech, kastrier­ter römischer Seher und ergrauter Vor­zeit-Schamane voller giftiger Zweifel - das sind die Rollen der Köhler-Trolle im O-Menschheits-Spektakel. Und jeder dieser Heldendarsteller scheitert durch Geradlinigkeit oder Sendungsbewußtsein. Aber all diese Erfahrungen der Altvorde­ren hat StureVIII noch vor sich.

Nur mir der Kenntnis der "Edda" gerüstet, schleicht sich unser Sture in das re­volutionäre dampfende Berlin von 1919. Als er mit Edda-Sprüchen streikende Ar­beiter zu beruhigen versteht, soll sein gleichnishafter Redestil unter Partei-AIchimisten, heißen sie nun Scheidemann oder Thälmann oder Hitler Schule ma­chen. Auch für die Maxime der Wirtschafts-Weisen, "was haben wir nach un­ten anzubieten, damit die Leute mitma­chen", scheint dieser Troll einiges leisten zu können. Aber halt was redet dieser Sture da von Freien und Gleichen? Sturmbann-Diabolus Schnittke nimmt sich seiner an und bläst dem Troll im Bürgerkriegs-Spanien mit einem Pisto­lenschuß das Augenlicht aus. Der Blinde ist aus dem Schrecken der Zeit gehoben, er trifft auf Empedokles und Sophistes und führt ihn in die antiken Philosophen­schulen ein. Aber weder die Alliierten noch das geschlagene deutsche Heer be­dürfen eines Philosophen oder gar blin­den Sehers. Stures Zuversicht gilt der Nachkriegszeit.

Des Werkes dritter Teil beginnt. Die Westalliierten und Adenauer flicken am Restdeutschland. Der Troll versucht sich bei Ulbricht als Aufklärer und wird in den Uranbergbau der Wismut AG ge­schickt. Zur Atombombe fällt selbst einem Troll nur ein: "Muß das sein?" An der Gewerkschaftsschule vermehrt Her­mann Duncker das Edda-Wissen und das des Sophistes um das marxistische. Die Folge: Sture schafft am 17. Juni mit „Ar­beitsromantik" Verwirrung: "Arbeitet einen Tag freiwillig und ihr seid andere Menschen" Streng wird er abgemahnt. Damit erregt der Troll als politisches Weltkind wieder das Interesse seiner westlichen Industriebekanntschaften. Doch bei näherer Prüfung heißt es: "Dich gönnen wir unseren ärgsten Feinden." Bei denen orakelt unser Troll, und Ho­necker versteht "Bahnhof". Wie gehabt, der blinde Seher wird verlächeIt. Die An­weisung für den Apparat: "Ermattet ihn."

Doch damit ist Stasiewiesel Klaubermann überfordert. Der greise Troll ver­dirbt jetzt unschuldige Kinder, "die Tat ist gefragt nicht der Lohn", und formt Plastiken nach der Manier des Empedokles. "Da wuchsen viele Geschöpfe heran mit Doppelantlitz..." Der Kreis westli­cher Wirtschaftsdenker ruft erneut, doch diesmal wird die Mauerdurchfahrt ge­stört. "Republikaner" (!) werfen unseren Troll auf die Mauerkrone. Und da will er bleiben: " ... ich hab mich nirgendwo so wohl gefühlt wie jetzt gerade hier."

Also doch ein Seher, denn Köhler hat das Manuskript im März 1989 dem Ro­stocker Hinstorff Verlag übergeben. Das Buch erscheint natürlich nach der Wen­de. Wer hätte vorher das Orakel zu deu­ten gewußt? Hat Grübler Köhler den na­hen Untergang erspürt?

Wie auch immer, in diesem Antiroman konkurriert ein Philosoph mit dem Er­zähler. Er begegnet uns eis Rhapsode. Allerdings nicht so streng, daß für Situa­tionsgroteske kein Raum bliebe. Da der Mythos nicht in Konkurrenz zur Utopie treten kann, behilft sich Köhler mit Uni­versalgeschichte. Daß dadurch der Erzählfluß nicht selten überlagert wird, nimmt er in Kauf. Und wir wissen be­reits, der Autor hat die Allegorie auf sei­ner Seite. Für dieses Buch weiß ich auch zurückblickend keinen Vergleich.

Apropos proletarische Dichter aus dem deutschen "Arbeiter- und Bauernstaat": Wolfgang Hilbig ist angekommen, Paul Kratznik verschollen und Erich Köhler ungehört?

Erich Köhler:
Sture und das deutsche Herz.
Ein Trollroman.
Hinstorff Verlag, Rostock 1990,448 Seiten, 34 DM

KAZ

abgedruckt in Kommunistische Arbeiterzeitung KAZ NR.215 (Febr.1991)

Das Trollbuch - eine Rezension

"Wer ist wer? Da ist das eine gleiche Wort des anderen Widersacher. Weißt du, Mann auf der Straße, wer dein Widersacher ist? Weißt du es aber, so unterscheide dich bewußt als sein genaues Gegenteil. Ist er ein Bilm, so sei ein Heinz. Denn kriechst du bei ihm unter, lösest du die Formel nicht. Er macht dich zum Automaten, der nur funktioniert, wenn in den Trichter Silberlinge eingegeben werden. Mache du dich zum Menschen, spucke ihm seine gepunzten Prägestücke ins Gesicht. Er haut dir nach getaner Arbeit ja doch auf den Scheitel, und stößt dich in die Seiten, um durch Erschütterung die eingegebenen Münzen wieder loszurütteln." Und mitten in einer Demonstration, er mit dem Megaphon am Mund, weiß er, was er den Menschen zu sagen hat: Was wahre menschliche Arbeit ist.."unbezahlte Arbeit zum Nutzen der Gesellschaft", Arbeit, "nicht nach mechanistischen Motiven, sondern nach Vernunft und Würde", wozu die allgemeinen Voraussetzungen zu schaffen sind. Wann das sein soll? Erich Köhlers Sture sagt es uns: "Die Dimension der Utopie ist nicht die Ferne, sie ist das Hier und Heute allzumal...".

Das Buch ist keine Schonkost, es verlangt viel vom Leser, verlangt, daß man sich einstellt auf eine Sprache, die verkürzt und in die Länge zieht, mit Wörtern experimentiert und neue erfindet; es verlangt, daß man sein Geschichtswissen parathält und seine Meinung wetzt an der Art und Weise, wie der Troll Sture da durchfegt.

Die vollständige Rezension ist hier zu finden