Wahrgenommen zu werden ..

.. ist nicht nur Künstlerwunsch,
das ist ein Menschenrecht.

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Auszug aus:

»KOMM MIT
sagte das HERZ«

von Edith Rimkus-Beseler

(...)

Ich kannte nur sein Kinderbuch mit dem Titel "Plate­katel-Banz­kosumi­rade", und fand so­fort Gefallen daran, ihn auswendig zu lernen, weil er so herausfordernd ungewöhnlich war. Ich freute mich auf seine Bekannt­schaft.

In "Platekatel-Banzkosumirade" zeigt Erich Köhler, wie selbst die Suche nach einer ver­lorenen Stecknadel dazu führen kann, unsere Welt zu verbessern. Und alles geschieht ohne Zauberei - in unserer sehr realen Umwelt.

Noch aber hatte ich den Dichter nicht zu Gesicht bekommen.

»KOMM MIT
sagte das HERZ«

Inhalt

Vorwort      
von Uwe Kant    4
Erwin und      
Eva Strittmatter    7
Horst Beseler    35
Benno Pludra    53
Alfred Wellm    67
Martin Viertel    79
Ruth Werner    88
Edith Bergner  101
Kurt David  111
Peter Hacks  121
Gotthold Gloger  135
Uwe Kant  149
Gerhard       
Holtz-Baumert  165
Walter Kaufmann  181
Lilo Hardel  194
Elizabeth Shaw  209
Wolf Spillner  213
Gert Prokop  231
Bodo Schulenburg  237
Erich Köhler  243
Werner Lindemann  255
Ludwig Renn  265
Fred Rodrian  279
Gisela Karau  289
Geleit und      
Anmerkung      
von Uwe Kant  305

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Kückenshagen

Durchfragen zum ihm mußte ich mich mehrmals. Sein kleines Haus stand einsam in ei­nem Wald­stück von Kiefern. Dieser saubere, etwas glatte Boden mit seinen Nadeln rund ums Haus, der hätte Fliesen und Beton nur beschämt. Dazu, im Mai in Alt Zauche dufte­te es eigenartig ein- und nachdrücklich, jedenfalls mir ungewöhnlich neu: blühende Kie­fern. Hier lernte ich sie kennen. Ein besonders großes Exemplar wuchs so dicht vor den Fenstern, daß die elastischen Zweige sie berührten.

Plötzlich stand, während ich noch einem kleinen, beweglich-gelben Hund zusprach - der mich heftig anbellte - ein kräftiger, nicht sehr großer Mann vor mir.

Er begrüßte mich leise, ruhig, und wirkte sehr zurückhaltend. Das blasse Gesicht mit dem knappen struppigen Bart, auf dem Kopf ein seltenes kurz­krempiges Ding zwischen Hut und Kappe, es schien, als halte er sich an seiner knubbeligen Pfeife fest und ich hatte bei aller Freund­lichkeit doch das Gefühl, viel lieber würde er sich schon von mir verab­schieden, als mich zu begrüßen. Er hatte mich ja nicht bestellt, er hatte auf meine An­frage nur zugesagt. Das störte mich nicht. Geduldig und ruhig antwortete Erich Köhler auf Fragen, bis wir langsam in ein Gespräch kamen.

(...)

Alle Umge­bung des Hauses war Wald, und doch gab es für ihn bedeutende Unterschiede. Er schlug vor, zur Schneise der Hoch­spannungs­leitung zu wandern. Bewußt wollte er nicht als rei­ner Natur­mensch gesehen sein. Ihm sei menschliches Denken und menschliche Arbeit immer und überall verbunden. Dort, bei diesem Technischen Denk­mal inmitten der hohen Bäume, fühle er sich am richtigen Platz. Niemand außer ihm hätte das wissen können. Kuno, der gelbe Hund, durfte uns begleiten, und er tat es voller Lebenslust, immer wach­sam bereit für seinen Herrn.

Ich überließ die beiden sich selbst. Anscheinend war dieser Platz ihnen ver­traut Ich war mir sogar sicher, daß Erich Köhler selbst diese kurze Zeit der Stille dazu nutzte, im Kopf weiter an seiner ,Denk­maschine' zu drehen, seinem neue­sten Buch.

Er brauchte mich jedenfalls jetzt nicht. Während ich mit meiner Technik beschäf­tigt war, saß er, von Kuno bewacht, auf der Böschung, als ließe er sich jeden Tag für eine Zeitung oder ein Buch porträtie­ren. Ich störte ihn nicht. Als ich die Kame­ra einzupacken begann, wunderte er sich, daß alles so schnell vorbei war. Hatte ihn mein toller Apparat doch in seinen Bann geschlagen und ihn mir so geneigt ge­macht? Fast möchte ich es meinen.

So ist das, sagte ich, man bekommt ein Gefühl für seine Arbeit, und ich wollte wis­sen, wie es ihm mit seiner Schreiberei er­ging. Ich setzte mich ein wenig zu den beiden.

Er sei sehr eigenwillig, gab er zu, und ent­sprechend gelinge ihm manches rasch, aber an seinem neuen Buch knobele er schon zwei Jahre.

Und als wir wieder im Haus angelangt wa­ren, zeigte er mir ein aus Pappe gebastel­tes Modell seiner Denk­maschine - eine umfunktionierte alte Wäsche­rolle - um die sich in dem Buch alles drehte. Kinder als Erfinder, ein Stoff, ihm aus dem Herzen kommend. Das Prinzip des Rechen­stabes auf eine kreisförmige Skala übertragen, gewürzt mit Reinfällen, Rückfällen, Einfällen und viel Humor.

Erich Köhler war unbemerkt in hingebungsvolles Erzählen gelangt. Meine Spannung for­derte ihn heraus und ich gestehe gern, daß mich der unlösbar scheinende Konflikt pack­te. Erich Köhler hatte seinen literarischen Stoff gefunden. Er kämpfte ehrlich und unnach­giebig um seine Lösung.

Das alles geschah jedoch eine gehörige Zeit nach dem köstlichen Kinderbuch mit dem seltsamen Namen PLATEKATEL- BANZKOSUMIRADE.

Die Zeit hatte uns unbemerkt getäuscht.

Ich erhielt beim Abschied sein Buch "Krott - oder das Ding unterm Hut" und einen betäu­bend duftenden Fliederstrauß mit der Versicherung, er fände mich geeignet für diesen Auftrag, wir könnten weit öfter miteinander reden und auch widerreden.

Aber, und überhaupt sei es wichtig miteinander zu sprechen, denn wahrgenommen zu werden ist nicht nur Künstlerwunsch, das ist ein Menschenrecht.

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Vergleiche auch:

Menschwerdung 2

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